Panama, vom 17.Sept. bis 9.Okt. 2010

mit Besuch nochmals im Indianerland Kuna Yala

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Tagebuch eines Segel-Greenhorns auf der SY Nicone      
von Alfred Heimgartner

 

Zur Einleitung und quasi als Vorwarnung hatte ich zur Kenntnis genommen: in Europa ist alles tipp topp organisiert und funktioniert bestens, in Panama soll vom Verkehr übers Wetter bis zur Bürokratie einiges unplanmässig und teilweise etwas chaotisch sein.

Gut! so soll es sein! denke ich als Neurentner und vogelfreier Opa, als ich mich aus Zürichs Vergnügungsviertel (sprich Baden) via Stuttgart in Richtung Zentralamerika aufmachte.

Was hier in der Folge zu lesen ist, ist eine unvollständige Aneinanderreihung von Erlebnissen. Profi-Segler mögen mir meine mangelnde Sachkenntnis verzeihen, Irrtümer bei Ortsangaben, mangelnde Sprachkenntnisse, geographische „Verschiebungen“ können als Beweis herhalten, wie entspannt und frei ich mich in dieser Zeit mit Leena und Peter auf ihrer 41 Fuss langen und 16 Tonnen schweren 2 mastigen Segelyacht gefühlt habe.

 

Freitag,17.Sept. 10

Abflug in Stuttgart aus unbekannten Gründen mit 45 Minuten Verspätung (eigentlich klappt ja alles bestens in Europa….)

…… und als Folge davon absoluter Transferstress in Amsterdams Schipol Airport, keine Infos, deshalb Sprint durch Terminals, Kontrollen Rollbänder, sorry, ..excuse me…, excuse me…, sorry…, bis zum Zoll, no hurry, das Gate ist bereits closed… sch….. darf nicht sein,  letzte Energiereserven, letzter Sprint, Terminal E, Gate 7  : „Gate closed…  Letzte Anwesende Person greift zum Telefon, dann ein Nicken :“Sie können an Bord gehen“……

Das war mein Abschied von Europa, übrigens nochmals nach einer 40 minütigen Wartezeit im Flugzeug wo doch eigentlich alles perfekt klappt.

Panama Airport Tocumen: Anflug mit 15 minütiger Warteschlaufe, Gepäckempfang auf Nachfrage mit Verspätung im zweiten Paket……. Endlich angekommen !

Und dann: mein Privattaxi „Alfred“ wartet geduldig, fährt mich in dunkler Nacht durch Panamas Verkehrschaos, vorbei an Zahlstellen, Polizeikontrollen auf der Autobahn, überqueren bei den Gatunschleusen den Panamakanal. Roger, mein Driver erzählt mir unterdessen seine jüngere Lebensgeschichte, hält zwischendurch bei einer Tankstelle an um sein Vehikel in fahrtüchtigem Zustand zu halten und zwischen der Hafenstadt Colon und Shelterbay-Marina spricht er vom Dschungel links und rechts der Strasse, etwas später passieren wir eine Militärkontrolle und viele zerfallene Gebäude einer früheren amerikanischen Miltärbasis. Die ca. 2 stündige Fahrt für 75 Dollar fühlte sich kurz wie 15 Minuten an und der Empfang von Leena und Peter war herzlich. Obwohl wir uns mehrere Jahre nicht gesehen hatten, kam es mir vor, als  hätte ich sie erst gestern am Wohnsitz in der Schweiz verlassen.

Nachtessen und erste Nacht auf der Nicone in der Shelterbay-Marina, dem „Tor zum Pacific“.

 

Samstag, 18.Sept.10

Die Shelterbay-Marina liegt auf der Atlantikseite an der Einfahrt in den Panamakanal.

Aufwachen – Frühstück – mich zurechtfinden auf der Nicone – Verlassen der Marina – Diesel auftanken am Tankschiff mit heftigem Disput mit dem Tankwart. Die Tankstelle gleicht weniger einer Zapfsäule als einem BP Bohrloch im Golf von Mexico. Ablegen und Fahrt durch den Wellenbrecher hinaus, der Zu- und Ausfahrt des Panamakanals mit den wartenden Riesenpots und dann…

Mein erster grösserer Segeltörn beginnt. Wir haben laut Peters Aussage seit langem wieder einmal fast perfekte Segelbedingungen (wenn Engel reisen so lacht der Himmel  ;-)).

Mit Vollbesegelung, will heissen Genua, Grosssegel und Besan, rauschen wir mit Halbwind Richtung Ost unserem Reiseziel entgegen. Bis zu 7,1 Knoten zeigt die Geschwindigkeitsanzeige. Nach ca. 4 Stunden erreichen wir bei abnehmendem Wind unseren Ankerplatz in der Bahia Buenaventura.

Am späteren Nachmittag treffen wir Heikki „perkele“, ein Finne der schon lange mit seiner Frau hier wohnt. Wir fahren mit ihm im Dingi zum Riff und ich geniesse meinen ersten Schnorcheltrip in den Gewässern von Panama.

 

Sonntag, 19.Sept.10

Versuch eines kleinen Segeltörns > Wind flaut ab und wir tuckern nach Portobello, einer geschichtsträchtigen Ankerbucht ein paar Seemeilen östlich. Die Kanonen und Ruinen eines zerfallenen Forts zeugen von den Schlachten und Seeräubern nach den Zeiten Kolumbus, spanischen Eroberungen und Golddiebstählen.

Ein paar Delphine besuchen uns – und dann gibt unser Dieselmotor den Geist auf. Vergebliche Suche nach Fehlerquellen, nach einer Stunde läuft er wieder, warum weiss niemand. Heikki lädt uns für morgen zu einem kleinen Trekking ein. Ein starker Regenguss lässt alles ringsherum für Momente von der Bildfläche verschwinden.

 

Montag, 20.Sept.10

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Dschungeltrekking mit Heikki, der für einen Nationalpark tätig ist:

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Frühmorgens Autofahrt via Colon in die Hügel zu „seiner“ Forschungsstation. Abenteuerliche ca. 1 ½ stündige Fahrt auf fast unbefahrbarem Weg. Unterwegs nehmen wir einen Einheimischen mit.

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Der alte Mann ist nach einem Einkauf zu Fuss mit zwei Tragtaschen auf dem ca 4-stündigen Heimweg.

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Infos über die Forschungsstation > beobachten der Tier- und Pflanzenwelt, dokumentieren und Schutz derselben. Dann zu Fuss ab in den Dschungel um eine Fotofalle aufzustellen. Antonio, sein Helfer hat eine Schneise geschlagen, um in den Wald einzudringen. Wir sichten u.a. Jaguar- und Pumaspuren.
Auf dem Heimweg machen wir einen Lunch-Stopp und kleine Einkäufe in einem Einkaufcenter. Nach unserer Rückkehr geht es ohne Wind, dafür mit  stark einsetzendem Regen unter Motor zurück an den Ankerplatz nach Portobello, .

 

Dienstag, 21.Sept. 10

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Fahrt mit dem Dingi ins Dorf.
Anschliessend Busreise nach Colon. Der Bus füllt sich bis er fast aus den Nähten platzt. Übergewichtige junge Mütter stillen seelenruhig ihre Babys oder zwängen sich an der Haltestelle geduldig zur einzigen Tür. Stau auf der Strasse.
Peter und Leena müssen noch einen Gang zu den Marine-Behörden machen, um das Check-in ihrer kürzlichen Herreise von Bocca del Torro – ca 200 sm westlich – vorzunehmen, sowie um eine Korrektur der von der Amtsstelle fehlerhaft ausgefüllten Jahresfahrt-Bewilligung (Gültigkeit für 12 statt lediglich 6 Monate) durch zu setzten, was 13 $ extra kostet  – die Behörden liessen sich für ihre eigenen Fehler bezahlen (;-)

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Auf der Rückfahrt noch einmal maximale Beladung im Bus: viele Schüler, ständige ohrenbetäubende Musik mit vibrierendem Bass, dass Kopf und Bauch schmerzte. Während eines kurzen heftigen Gewitters werden die Haltestellen kurzerhand in die Quartierstrassen verlegt. Die Busbemalung ist eine Augenweide für jeden Graffitiliebhaber.

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Zurück in Portobello benütze ich die Gelegenheit für ein paar Fotos vom alten Fort.

16.30 Uhr lichten wir den Anker und tuckern bei Windstille weiter der Küste entlang nach Linton. Hier habe ich die Ehre mein Amt als Chef der Bordkasse anzutreten damit wir auch mit unseren finanziellen Aktivitäten auf Kurs bleiben.

 

Mittwoch, 22.Sept.10

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Die Positionslichter auf dem Grossmast müssen ersetzt werden. Das gibt mir die Gelegenheit nach Peters Reparaturarbeit selbst einmal in die Lüfte zu steigen und die Welt von oben zu geniessen. Nach Ankunft auf Top of Nicone (18 Meter über Wasser) stellte ich beruhigt fest, dass der Schweiss auf der Stirne nicht Angst als Ursprung hatte sondern viel mehr der Kletterei in grosser Hitze zuzuschreiben war.

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Peter hatte mit Andreas, einem Schweizer Skipper, in der Panamarina ein Treffen vereinbart. Wir fahren mit dem Dingi auf einem kleinen romantischen Wasserlauf durch einen dichten Mangrovenwald hinüber zur Marina. Mittagessen (Lasagne) bei Jean-Claude, dem Marinabetreiber. Gelegenheit für Internet. Unterdessen starker Gewitterregen. Peter und Leena erledigen Schreibarbeiten, Korrespondenz, Mails, etc. Plauderkaffee mit Andreas. Zum Schluss noch Sundowner auf seiner Yacht und anschliessend Rückfahrt durch die Mangroven zur Nicone. Wir beschliessen, das Nachtessen bei Hans, einem Holländer mit Panamesischer Frau, im Restaurant am Wasser zu geniessen.

 

Donnerstag, 23.Sept.10

Lazy Day, Peter fährt nochmals zur Panamarina für weitere Abklärungen zur Stationierung der NICONE für die Zeit ihres bald beginnenden 3-monatigen Schweiz- Aufenthaltes. Leena und ich schreiben, lesen und plaudern. Zwischenhinein starkes Gewitter. Danach gibt’s Besuch von einem Segelmacher zwecks Absprache über die zu erledigenden Arbeiten in Abwesenheit von Peter und Leena.

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Wir beschliessen, nachts zu den San Blas-Inseln aufzubrechen. Start um 23.30 Uhr. Nachtfahrt mit eingeteilter Wache. Matter Mondschein. Wind wechselnd , um ca. 03.00 kleine Flaute mit Motorfahrt, dann schöne 14 Kn Wind ergibt mit Genua und Besan (ohne Grosssegel) 6,5 Knoten Geschwindigkeit. Ankunft und ankern auf den Chichime-Islands um 09.00 Uhr.

 

Freitag, 24.Sept.10

Damit sind wir in den San Blas Islands (Kuna-Yala) angelangt. Das ist Territorium der Eingeborenen Kuna’s. Sofort nach der schwierigen Riffeinfahrt bei den Chichime-Inseln werden wir von Kunas besucht, die in ihrem primitiven, aus einem Baumstamm geschlagenen Kanu Ware verkaufen wollen.

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Der Wind wird stärker und die Wetterprognose veranlasst uns, nach dem Brunch den Standort zu wechseln und zu den benachbarten Lemon-Islands zu segeln (starker Wind und Wellengang).

 

 

 

Der neue Platz ist hinter den Riffs und der Insel besser geschützt. Eine Kuna-Frau kommt mit dem Kanu vorbei und zeigt kunstvoll genähte Molas, eine typische Kunaspezialität. Ich kann nicht widerstehen mein erstes Souvenir zu kaufen.

 

Samstag, 25.Sept. 10

Wir liegen in den Lemon Cays vor Anker. Der Wind ist von 8 auf ca. 6 Beaufort abgeflaut. Fühlt sich aber immer noch stark an mit entsprechender Brandung am Riff.

Wir geniessen den sonnigen Morgen, verschieben das Dingi wieder vom Deck auf den angestammten Platz am Heck. Darauf kurze Wellenfahrt auf die kleine Hauptinsel. Möglichkeit für Internet. Es gibt ca. 20 Backpackers die hier ihre Zelte aufgeschlagen haben. Alberto, der Kuna Chief macht die Insel touristentauglich (Bar, Internet, Service Gas, Benzin, etc.) und Yogi, ein Deutscher managt ihn aus dem Hintergrund. Wie ich später feststellen musste, ist es auch der einzige Ort, an dem das Abfallproblem beachtet und organisiert war.

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Anschliessend kleiner Schnorcheltrip am Riff. Am Nachmittag haben wir Besuch von Kuna-Fischern. Wir kaufen frisch gefangenen Fisch fürs Nachtessen. Hier zeigt sich mir Leenas Kochkunst, die mit ihrer sehr schmackhaften Zubereitung meine Skepsis gegenüber Meerfischen sehr schnell verfliegen lässt.

 

Sonntag, 26.Sept.10

Die gute Wetterlage lockt und so segeln wir mit gutem Halbwind in ca. 2½ Stunden zu den Hollandes-Cays. Sehr schöner Ankerplatz windgeschützt hinter Insel und Riff. Gleich hinter dem Ankerplatz nützen wir die gute Schnorchelgelegenheit. Ein wunderschöner Tag wie er im Buche steht.

 

Montag, 27.Sept.10

Früh Morgens Sonnengruss, schwimmen zur Insel, kleiner Spaziergang (Achtung, Kokosnussgefahr von oben), nach Rückkehr wie immer feines Breakfast mit Müesli und Früchten, Toast, alles mit feinem Kaffeeduft in der Luft…. und in der Tasse. Auch individuelle Wünsche hatten ihren Platz, sei es Käse, ein Ei oder Tee. Fahrt mit Dingi zum Aussenriff, incl. Schnorcheln; Begegnung mit grossem Rochen.

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Auf der Yacht haben wir wieder mal Besuch von Kunas, die uns ihre schönen Mola’s anbieten. Prado ist ein sogenannter „Molamaker“ (Künstler). Die feine, filigrane Art der Molas überzeugt mich – ich besitze nun schon 3 davon.

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Julia, die jüngere Schwester darf sich noch nicht Künstlerin nennen, obwohl auch ihre traditionellen Bilder viel Ausdruck enthalten.

Bei einem weiteren Besuch vereinbaren wir mit Roger, dem Kunajüngling ein Nachtessen in der Hütte seiner Familie auf der Insel. Vorher reicht es gerade noch für einen zweiten kurzen Schnorcheltrip.

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Zum Nachtessen kurven wir mit dem Dingi vor Sonnenuntergang ums Riff herum zu den Eingeborenen, einer 10- köpfigen Familie, die hier für 6 Monate zuhause ist. Die Frauen haben die Zubereitung an ihrer Feuerstelle schon hinter sich und nach kurzer Begrüssung steht feinster Lobster  und Conche (grosse Muschel) auf dem Tisch. Als Beilage gibt’s Reis gekocht in Kokosmilch. Ein Prachtsabend unter der offenen Strohhütte direkt am Wasser – Brandungswellen, Sonnenuntergang inklusive.

 

Dienstag, 28.Sept.10

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Wir entschliessen uns nach dem Frühstück den guten Wind zu nutzen und segeln Richtung südost zu den Coco Banderos Inseln. Nach drei Stunden Fahrt erwartet uns wieder ein Bijou mit kleinen Palmeninseln, Riffen und gut geschütztem Ankerplatz. Perfekter Tag mit Sonne, segeln, schnorcheln, schwimmen, Siesta. Beim Kunabesuch – mit Lebensmitteln beladenes Kanu – kaufen wir Brot, Getränke und bestellen Gemüse, Früchte und Kartoffeln.

 

Mittwoch,29.Sept.10

„Frühschwimmen“ – Breakfast – schnorcheln – schreiben – zeichnen – lesen – Siesta – plaudern,…….sun, fun and nothing to do

 

Donnerstag, 30.Sept.10

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Die grosse “Stahlratte” – eine alte Segel-Stahlyacht, welche Fahrten für Backpack-Touristen anbietet – weckt mich frühmorgens mit ihrem hämmernden Motorengeräusch. Sie verlässt die Cocos und nimmt Kurs Richtung Ost auf Cartagena (Kolumbien).

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Nach Frühschwimmen und Breakfast lichten wir unseren Anker und tuckern mangels Wind zum Einkauf nach Nargana . Feuchte Hitze (nah der Küste und Windstille) und Umweltverschmutzung (Abfall) sind hier überwältigend, besonders krass nach unseren Trauminseln. Wir verweilen nur kurz um Benzin fürs Dingi und ein paar Lebensmittel und Wasser einzukaufen. Alles immer in Begleitung eines eifrigen Einheimischen, der uns zur richtigen Hütte mit der entsprechenden Ware führt.

Primitive, schmutzige Verhältnisse, aber fast in jeder Hütte läuft ein Fernseher (z.T. Grossbild) mit dazugehörigem Antennenwald über dem Dorf, das im Gegensatz zu den allermeisten Inseln über Elektrizität verfügt. Die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit. Trotzdem sind wir froh, das Dorf bald wieder verlassen zu können.

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Nächste ca. 2 Std. bei schwüler windstille Tuckerfahrt Richtung West. Unterwegs kurzer Delphinbesuch.

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Welcher Kontrast bei unserer Ankunft bei den Cancombia-Islands: Palmeninsel, Ankerbucht nach Bilderbuch. Besuch von Kunafrau, die ihre Molas feilbietet. Kaufe ein Armband. Wir sind einziges Boot hier und beobachten das Treiben der Kunas bei ihren Hütten auf ihrer Insel. Kleiner Schnorcheltrip, windstill, spiegelglattes, smaragdgrünes Wasser, vermehrt Mücken.

 

Freitag, 1.Okt.10

Nach Schnorcheltrip und Frühstück entschliessen wir uns für einen weiteren Inselhupf zu den East Lemon Islandes bei den Hollandes Cays (gehört alles zu den San Blas Islands). Ankerlichten wieder bei Windstille und spiegelglattem, klarem  Wasser. Ca. 2 Std Motorfahrt. Einmal mehr Bilderbuchtag in eben solcher Umgebung.

Nach Ankunft geniesst Peter eine Siesta, während ich mich neugierig auf den nächsten Schnorcheltrip begebe. Interessiert zieht eine Schildkröte an mir vorbei und ein grosser Rochen verzieht sich hinter dem nächsten Riff. Zum Sundowner haben wir Besuch von Carsten und Mercedes, einem deutschen Paar von der SY „Forty-two“, die Peter und Leena schon früher getroffen haben.

Schwarzer Samstag 2. Okt.10

Bei Hitze und Windstille lichten wir ca. um 10 Uhr unseren Anker und nehmen Kurs in Richtung West zu den Lemon Cays. Der Horizont verdunkelt sich mit herannahenden Gewitterwolken und in Kürze gibt’s Wind, mit bis zu 24 Knoten, was uns veranlasst die Genua zu reffen. Wegen schwierigen Wasserverhältnissen und Wind ändern wir unsere Ankerabsicht um zwei Inseln westlicher mit sicherer Riffeinfahrt.
Dieser „nice Spot“ scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein, denn die kleine Insel ist voller Besucher/Touristen, die zum baden, schnorcheln, trinken mit Motorbooten hierher gefahren werden. Der Gewitterwind ist vorbei und wir beobachten das bunte Treiben. Der Schock kommt nachdem die Boote mit den Besuchern die Insel verlassen haben. Zwei Kuna-Jünglinge paddeln in ihrem Kanu etwas von der Insel weg und vor unseren Augen versenken sie vier Säcke ins Meer. Wir können es nicht glauben und nehmen mit dem Dingi einen Augenschein. Wir müssen die Tatsache zur Kenntnis nehmen: der Abfall für den sie vorher kassiert hatten, wurde wenige Meter vor der Insel dem Meer übergeben. Als wir an der Insel anlegen, kommen diese zwei jungen Männer und verlangen auch noch einige Dollars für das Betreten der Insel. Uns platzt der Kragen und die laute Stimme von Peter, der auch noch mit dem Chief der Insel spricht, macht sie verlegen. Frustriert fahren wir zur Nicone zurück.

Sonntag, 3.Okt.10
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Nach dem Frustsamstag der Lustsonntag: wir haben Lust zum Segeln, der Windmesser zeigt 15-20 Knoten. Wir nehmen Kurs auf die Chichime-Inseln, segeln aber vorerst daran vorbei, um mal (für Peter wieder) Wind, Wellen und Segel so richtig zu spüren. Für Landratten wie mich ein eindrückliches Erlebnis: Wasser so weit das Auge reicht, einen Bug, der die aus steilem Winkel anrollenden Wellen
zerteilt und die Gischt sprühen lässt, Segelmanöver im Team mit voller Besegelung (Genua, Gross und Besan). Ich kann zwar das Team Leena und Peter physisch gut unterstützen, wenn es aber um Timing und Koordination bei Wendemanövern geht komme ich des öftern ins Strudeln. Doch Spass macht es alle Male. Nach ca. 4 Stunden bei nachlassenden Winden kurven  wir durch das Riff und setzen hinter der Hauptinsel Chichime Anker. Wir liegen gut, die Kunas sind auch schon hier. Peter hält das Logbuch à jour und Leena und ich gehen auf der Insel etwas Brot posten. Die Hütte für das Brot ist auf der anderen Seite, also gibt es einen kleinen Abendspaziergang durch den sandigen Palmenwald und dies in Begleitung eines Hausschweines!

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Montag, 4.Okt.10

Wind und Wellen haben zugelegt. Die Nicone wird tüchtig geschaukelt. Ich weiss natürlich, dass Peter und Leena schon ganz andere Stürme erlebt haben. Jetzt kann ich mich als Steuermann bewähren. Mit grossen Wellen von Halbwind gar nicht so einfach. Unsere stürmische Fahrt führt zu den East Lemons wo wir uns erst nach der zweiten Ankerung sicher fühlen.

 

Dienstag, 5. Okt.10

Peter und Leena erledigen am einzigen Internetanschluss weit und breit Vorbereitungsarbeiten für ihren nahenden Schweizaufenthalt (www mit Betonung auf world wide waiting). Mein Panama-Aufenthalt nähert sich mit riesigen Schritten dem Ende und wir planen an der Rückfahrt nach Linton. Meine Gastgeber wollen mir noch ein schönes Kunadorf zeigen. Die noch verbleibende Stunde bis zur Dunkelheit haben wir genutzt, um das saubere, gepflegte und einfache Eingeborenendorf anzusehen und ein paar von den wunderschönen, farbigen Handarbeiten zu kaufen.
Heute geht es früh in die Kojen, denn …

 

Mittwoch, 6. Okt.10

um 3 Uhr ist Tagwache. Ankerlichten in stockdunkler Nacht; dann starten wir zu unserer Rückreise Richtung Linton. Etwas Zeitreserve ist eingeplant. Die Winde kommen ziemlich steil auf die Nase. Bei dieser Dunkelheit zeigen sich wieder einmal die Fortschritte der Technik. Problemlos navigiert Peter um die Insel durch die Riffausfahrt. Immer via Satellit genau im Bild über Position, Wassertiefe, Windrichtung. Dumm nur, sollte einmal die Seekarte nicht stimmen. Doch es klappt bestens, nach ca.1 Fahrstunde erreichen wir die offene See, verlassen die San Blas Islands und drehen Richtung West. Die raffinierte Windsteuerung am Heck übernimmt jetzt das Ruder und wir nehmen unseren Schichtbetrieb auf. Konkret heisst das, einer überwacht die Instrumente, Bootsverhalten und die See. Die andern gönnen sich den wohlverdienten Schlaf.

Im Laufe des Morgens versuchen wir unser Anglerglück und schleppen einen Köder im Heckwasser. Die Hoffnung war schon am Einschlafen als Peter heftigen Zug auf der Leine entdeckt. Die Aufregung wird grösser, denn was da an der Angel gegen Peter kämpfte, entpuppte sich als Hai von ca. 1.3 m Länge (Bordwandhöhe).

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Leena war in Gedanken schon beim Menuplan, Peter bei der Strategie wie er diesen Fang ins Jenseits schicken kann; dann gab’s einen kurzen Schlag gegen die Bordwand und das wunderbare Tier befreite sich mit einem Ruck von der Angel und entschwand unseren verblüfften Augen in die Weite der See. Irgendwie waren aber alle erleichtert, denn zuschauen oder sogar mithelfen zu müssen, um diesem Tierleben ein Ende zu bereiten wäre mir schwergefallen.

Erstaunlicherweise wiederholte sich die ähnliche Szene kurze Zeit später wieder, der unbekannte Fang war gefühlsmässig noch grösser, konnte sich aber befreien bevor er das Heck der Nicone erreicht hatte.

Unterdessen war Linton schon in Sichtweite und wir planten bereits unser Abschiedsessen in einer Hafenkneipe. Der Gedanke war wohl zuviel für unseren Volvoantrieb (der Wind war unterdessen voll auf der Nase) und ohne Vorwarnung war plötzlich nur noch das Piepsen der Zündung zu vernehmen.

Jetzt galt es schnellstens eine Entscheidung zu treffen: Eine Riffdurchfahrt ohne Motorhilfe und nur mit Segel zum Hafen von Linton war bei diesem Wind und Wellengang schnell von der Liste gestrichen. Zu hohes Risiko! In höchster Eile suchte Peter  einen Ankerplatz diesseits des Riffs und der vorgelagerten Klippen. Mit mehrfachem Aufkreuzen auf engem Raum ankerten wir schliesslich an der steil abfallenden Küste.

Was nun? In den nächsten Stunden versuchte Peter mit all seinem nicht unerheblichen Fachwissen für Motoren, diesen wieder in Gang zu bringen… erfolglos….

Statt Strandbeizbesuch bei Hans, gab’s Essen aus der Bunkerkiste (mit Leenas Kochkunst doch immer ein Genuss), und zum Einschlafen sangen uns die Brüllaffen das Gutenachtlied.

 

Donnerstag, 7.Okt. 2010

Bevor wir abends zum Schlemmen bei Hans anlegten, hatte uns der Tag ganz schön gefordert: weitere Pannensuche mit Telefonhilfe von Heikki, Abschleppdienst organisieren mit warten und hoffen, die Batterieladung an Bord und das Guthaben auf dem Handy gingen zu Ende, Ankerlichten und  –setzen mit Muskelkraft (Peters Rücken lässt grüssen…), zweistündiges Abschleppmanöver während Gewitterregen…. und, und…

 

Freitag, 8.Okt.2010

War es der gestrige aufregende Tag, das üppige Nachtessen, oder die Wehmut der letzten Nacht auf der Nicone? Schlaf als Erholung ist anders….

Während Peter am Morgen mit aktiver Hilfe von Heikki noch immer versuchte den Motor zum Leben zu erwecken galt bei mir: Packen, reisefertig machen, Koje räumen, adieu sagen zu Nicone, Panama und meinen Gastgebern. Kaum zu glauben, dass die 3 Wochen schon um sind.

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Noch nach mehreren Tagen in der Schweiz brauchte ich morgens nach dem Erwachen einige Momente, um zu realisieren, dass da draussen nicht Meer und Palmeninsel liegen sondern zur dieser Zeit grauer Herbstalltag.

Danke, Leena und Peter, für die Fülle von Abwechslung, neuen Erfahrungen und Eindrücken aus einer mir fremden Welt, die ihr mir ermöglicht habt! Ich habe mich jederzeit sicher und gut aufgehoben gefühlt. Eure Hingabe, mir meinen Aufenthalt zu einem guten Erlebnis werden zu lassen, hat mich sehr berührt und gefreut.

Baden, Oktober 2010, A. Heimgartner

 

Anmerkung der NICONE-Crew:

Alfred Heimgartner ist ein ehemaliger Schulkollege. Unsere Wege haben sich bis vor etwa 10 Jahren privat, im Sport wie auch beruflich immer wieder gekreuzt. Nach der Pensionierung gab er sich einen Ruck und besuchte uns auf der NICONE in Panama… und war ein guter Matrose

 

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