Aktuell Juni 2015

Haben Sie’s gewusst?

„Die Schweizer haben das Meer erfunden…“ (;-) oder weshalb wir bisher unter finnischer Flagge segeln

von Peter Bäni, SY Nicone

1 am Heck  die Landes-Registrierungs-Flaggewie den meisten bekannt, wird am Heck eines Bootes die grosse Flagge des Landes wo das Boot registriert ist geführt – in unserem Falle Finnland – Foto: Fahrt über den Golf von Carpenteria im Norden Australiens.

2 unter der Backbord-Saling die kleine stÑndige Schweizerflaggeunter der Backbord-Saling werden kleinere Flaggen, wie Herkunftsflaggen (Crew, Gäste) und Clubstander geführt – in unserem Falle ständig die Schweizer Flagge – unter der Steuerbord-Saling wird die Gastland-Flagge gefahren – Foto: unterwegs in Malaysia.

Viele Erfindungen haben ihre Wurzeln in der Schweiz – das Problem, so es denn eines ist: meist nur wenige Menschen auf der Welt scheinen zu wissen, dass vieles in der innovativen Schweiz erfunden wurde, wie uns u.a. eine Reklame für Husten-Bonbons weismacht „wer hat es erfunden, he – die Schweizer“ (;-)

Jedoch weiss ein Teil der Leute weltweit, dass die Schweiz zwar Binnenseen, aber natürlich keine Meeresküste aufweist.

Weil es auf den Meeren auch einige Schweizer-Schiffe gibt – zwar im Null-Komma-Promille-Bereich – wer weiss das schon – lag die Idee nahe, auch die Erfindung des Meeres unter Schweizer-Fittiche zu nehmen und damit Regeln für deren Benützung durch die paar Schweizer Schiffe aufzustellen.

Für meinen Teil bin ich stolz auf mein innovatives Land – wie bekannt hat aber jede Medaille auch eine Kehrseite – dies wurde meiner Frau und mir vor allem bewusst, als wir vor bald 10 Jahren Eigner einer hochseetüchtigen Segelyacht aus zweiter Hand wurden und als Pensionäre ein See-Nomaden-Leben begannen.

Aus Distanz betrachtet ist es verständlich, dass ein kleines Land wie die Schweiz innovativ ist und nach grösseren Erfindungen als Husten-Bonbons strebt und dass Schweizer Segler dies auf ihren Reisen der Welt kundtun, so dass man in einigen andern Ländern überhaupt Kenntnis davon nimmt, dass es eine Schweiz gibt…

… und nun kommt es: nach der Erfindung des Meeres war es nur ein logischer Schritt, Regeln und Vorschriften für Boote unter Schweizer Flagge und deren Ausrüstung zu kreieren, um auf See gerüstet zu sein, falls etwas schief gehen sollte – offensichtlich war man sich doch nicht so sicher über die eigene Erfindung.

… um eine Segelyacht zu registrieren bzw. zur See die Schweizer Flagge setzen zu dürfen, benötigt man starke Nerven (und etwas Extrageld).

… der zuständige Beamte der Schifffahrtsbehörde, so war zu hören, sei noch nie auf einem Segelboot gewesen, geschweige denn auf Hochsee – als  ausführende Behörde ist er natürlich entschuldigt – man berief sich auf Sicherheit und Vorschriften und liess uns wissen, dass der allseitig bekannte und exzellente Experte, der das Gutachten unseres Bootes erstellte, nicht akzeptiert werden könne, da er nicht auf der Liste ihrer Experten sei, im weiteren, dass unsere neu geprüfte Rettungsinsel ebenfalls nicht akzeptiert werden könne, da die Vorschriften vor einem Monat geändert wurden! – unser Liferaft war nicht (mehr) auf der Liste, stattdessen war ein genau bezeichnetes Fabrikat inklusive Typen-Nr gefragt … und  … und … und weil wir nicht im Sinne hatten in die Antarktis zu segeln (evtl. später schon) mit einer dafür ausgerüsteten, trendigen und stilvollen Rettungsinsel, die alles kann, jedoch wie es scheint, nur nicht weiss wie im Ernstfall ans Festland zurück fliegen … und wir nicht willig waren zusätzlich einen Experten auf ihrer Liste an den Standort der Yacht einzufliegen (unser Experte war vorher bereits dort)… und dafür insgesamt ca. Fr. 5000.- zu bezahlen,

… beschlossen wir das Boot in Finnland zu registrieren – zu Ehren meiner Frau als geborene Finnin… und Finnland hat eine lange Meeresküste (;-) –  jedenfalls waren wir nach Einsendung der nötigen Dokumente willkommen und man sagte uns, dass sie schon jemanden gefunden hatten, der die Boots-Expertise von Deutsch ins Finnische übersetzt hatte und last but not least die Registrierung kostete nur 80.- Euro!

Ich liebe meine Frau und auch die Finnenflagge – mit der EU-Landesflagge gab es auch schon Vorteile unterwegs – und wir haben kein Problem damit, dass die Finnen das Meer nicht erfunden haben.

PS: dies geschah vor Jahren – hoffen, dass sich die Dinge geändert haben seither – so könnten wir uns überlegen, ob wir die Weiterreise zur See unter Schweizerflagge segeln wollen, lieben wir doch die Schweiz ganz besonders.

Anmerkung des Administrators zum Autor:

Peter Bäni war Kanute (mehrfacher Schweizermeister, WM- und Olympiateilnehmer), Segler, Trainer, Sportlehrer an der Sporthochschule Magglingen u.a. mit Verantwortung Wassersport. Seit acht Jahren ist er mit seiner Frau zur See unterwegs und hat dabei 45 Länder besucht und knapp 45‘000 nautische Meilen zurückgelegt.

Comments are closed.